Installation in der Gedenkstätte Pax-Christi-Kirche im Rahmen der Kulturhauptstadt Essen 2010
DEN NAMEN EIN GESICHT GEBEN
In allen Zeiten, in allen Zivilisationen und Kulturen, sind Menschen ungezügelter Gewalt zum Opfer gefallen - vorgeblich aus politischer Notwendigkeit, manchmal auch religiös verbrämt oder schlichtweg sinnlos durch schiere Mordlust. Die Pax-Christi-Kirche in Essen ist eine Gedenkstätte für alle Menschen, unabhängig von Rasse, Land oder Religion, welche durch Gewalt zu Tode gekommen sind.
Wer die Unterkirche betritt, dem fällt die ungewöhnliche Gestaltung des Fußbodens ins Auge. 1300 Namen sind dort mit weißer Schrift in rot-braune Keramikfliesen gebrannt. Sie bezeichnen Menschen, welche durch Gewalt zu Tode gekommen sind, und Ereignisse, durch welche Menschen tausendfach den Tod über Andere gebracht haben.
Opfer todbringender Gewalt können Unschuldige sein, jedoch auch solche, die in ihrem Leben selbst Andere durch Gewalt zu Tode gebracht haben. Die Gedenkstätte unterscheidet nicht zwischen beiden Gruppen. Sie klagt nicht Menschen an, sondern beklagt generell jedwede Gewalt mit tödlichem Ausgang. Sie mahnt zum Frieden unter den Menschen.
Die 1300 Namen stehen für 1300 Schicksale von Einzelnen oder von Völkern und Rassen. Sie stehen stellvertretend für all diejenigen, welche in Jahrtausenden den Tod fanden, weil Machtlüsterne ihre Einflusssphären erweitern wollten, weil Staatsdoktrinen predigten, ganze Völker auszurotten, weil Befreiungsbewegungen ohne Skrupel unzählige eigene Landsleute ermordeten, weil Staatslenker und übermächtige Militärs unnötigen Terror in bereits darniederliegende Länder trugen, weil Kriminelle niederen Trieben folgten oder einfach, weil sich Unbeteiligte zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort befunden haben.
Jeder kennt Namen, Gesichter und Schicksale, die durch Geschichtsschreibung, Medien und durch Gedenktage präsent bleiben: Stauffenberg, Anne Frank, John F. Kennedy,… Wer jedoch kennt die Gesichter und Schicksale der unzähligen Opfer jenseits der öffentlichen Aufmerksamkeit? Welcher Besucher der Gedenkstätte, selbst wenn er einzelne Namen kennt, kann sich ein Bild machen über die Personen und über ihre Schicksale? – Vieles ist verblasst, vom Sand der Geschichte zugeweht.
In einer Installation habe ich Namen, Gesichter und Lebenswege einiger der Opfer wieder auferstehen lassen. Diese stehen stellvertretend für die 1300 Schicksale, an welche die Namen im Fußboden erinnern. Zu dieser Arbeit war ich von der Katholischen Kirchengemeinde St. Laurentius eingeladen worden. Die Präsentation ist Teil der Spirituellen Kulturtankstellen im Bistum Essen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas 2010.
|